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1. Theil 3 - S. 38

1880 - Stuttgart : Heitz
38 Neue Geschichte. 1. Periode. Reformation. Aber Mittwochs den 17. Februar befand er sich schwächer als vorher, und die Grafen sowohl, als feine Freunde, Doctor Jonas und der Prediger Colins von Mansfeld, baten ihn, doch lieber heute zu Hause zu bleiben und nicht in die Sitzung zu gehen. Er blieb /und ging dann und wann in seinem Zimmer umher, sah auch öfters zum Fenster hinaus und hier hörte man ihn auch bald laut beten. Einmal wandte er sich zu seinen Freunden. „Doctor Jonas und Herr Eölius," sagte er, „ich bin hier zu Eisleben getauft; wie, wenn ich hie bleiben sollte?" Zu Tische ging er noch hinunter in die Eßstnbe, sprach über Tische viel vom Wiedersehen nach dem Tode und äußerte: „Wenn sich meine lieben Landesherren, die Grafen, vertragen, so will ich heimziehen, und mich in den Sarg schlafen legen und den Würmern den Leib zu verzehren geben." Gegen Abend wurde er beklommen; er klagte über Brustschmerzen und Beängstigung; doch ging er auch zum Abendessen noch hinunter; „denn", sagte er, „Alleinsein bringt nicht Fröhlichkeit." Ueber Tische aß er nicht ohne Appetit und scherzte selbst mit seinen Freunden; denn er ahnete nicht, daß ihm die letzte Stunde schon so nahe sei. Nach dem Essen ging er wieder hinauf und klagte über Brustbeklemmung. Man rieb ihn mit warmen Tüchern und wollte den Arzt holen; aber er verbot es, legte sich aufs Ruhebette und schlief an drei Stunden recht ruhig, während Jonas, Eölius, der Stadtschreiber, welchem das Hans gehörte, mit seiner Frau und Luthers Söhnen bei ihm wachten. Um 10 7* Uhr wachte er auf. „Stehe! sitzet ihr noch?" sprach er gerührt, „möget ihr euch nicht zu Bette legen?" Dann begehrte er, man möchte ihm das Bette in der Kammer auswärmen und ihn hineinbringen. Das geschah, und er sprach sein Abendgebet: „Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist! Freunde, betet zu Gott für sein Evangelium, daß es ihm wohlgehe; denn der leidige Papst zürnet hart mit ihm." Jonas, die beiden Knaben und sein treuer Bedienter Ambrosius schliefen bei ihm, Eölius in der Nebenkammer. So schlief er ruhig bis um 1 Uhr, wo er den Doctor Jonas und den Bedienten rief; letzterer solle doch die Stube heizen, was aber bereits geschehen war. „O Herr Gott!" rief dann Luther zum Doctor Jonas, „wie ist mir so übel! Mich drückt's so hart um die Brust! O ich werde zu Eisleben bleiben." Alle erschraken, sprangen herzu, halsen ihm aus dem Bette und führten ihn in die Stube, wo er langsam umherging, dann aber warme Tücher verlangte. Indessen hatten seine Freunde in der ersten Angst das ganze Haus in

2. Theil 3 - S. 167

1880 - Stuttgart : Heitz
Stockholmer Blutbad. Gustav Erichsons Abenteuer. 167 Erzbischof gebracht hatte, vor, er könne ihnen ja als König sein Wort halten, aber als Vollzieher des päpstlichen-Bannes — denn der Papst hatte die Schweden in den Bann gethan — müsse er sie bestrafen. Das fand Christian recht schön und schritt schnell zur Ausführung. Vier Tage nach der Krönung, noch während der damit verbundenen Gastereien, setzte er plötzlich ein Gericht nieder, vor welchem die edle Christina, die Reichsräthe und der Magistrat von Stockholm verklagt wurden, und die Richter sprachen das Urtheil, daß alle das Leben verwirkt hätten. Gleich stürzten Soldaten in den Gerichtssaal und bemächtigten sich der Vertheilten, die so lange auf dem Schlosse warten mußten, bis die Anstalten zur Hinrichtung vollendet waren. In größter Eile wurden auf allen Plätzen der Stadt Galgen errichtet. Nach zwei Tagen wurde ausgerufen, daß alles Volk sich in den Häusern verhalten sollte, und Kanonen wurden aufgefahren. Dann öffneten sich die Thore des Palastes, und die Verurtheilten, denen man nicht einmal mehr das heilige Abendmahl bewilligt hatte, wurden hinausgeführt in den Prachtgewändern, in welchen sie zwei Tage vorher aufs Schloß zum Feste gekommen waren. Die.größten Reichsbeamten, die Reichsräthe, zwei Bischöse, die vornehmsten Edelleute und der ganze Magistrat von Stockholm gingen, von Henkern geführt. Paar und Paar zum Richtplatze (8. Nov. 1520). Es waren 94 Personen, die ausgezeichnetsten des Königreichs. Christian selbst sah aus einem Fenster des Rathhauses der Blutscene zu. Die Verurtheilten zeigten eine ruhige Fassung; das Volk dagegen, welches ungeachtet des Verbots die Straßen füllte, wehklagte laut, und viele wurden dafür von den dänischen Soldaten niedergehauen. Unter den Verurtheilten war auch Erichsons Vater. Das Blut floß im eigentlichen Verstände in Bächen vom Markte nach den anstoßenden Gassen, so daß diese Ermordung mit Recht das Stockholmer Blutbad genannt wurde. Christina, Sture's Wittwe, sollte wählen, ob sie verbrannt, ertränkt oder lebendig begraben werden wollte. Mit Mühe erhielt sie es, daß sie lebenslang in Ketten geschmiedet wurde. Viele geringere Bürger und die Bedienten der hingerichteten Edelleute wurden gehängt und ein Ritter gar gekreuzigt. Zwei Tage lang lagen die Leichen auf dem Platze und Christian selbst ging umher, sich an dem scheußlichen Anblicke zu weiden. Auch zwei kleine Knaben, deren Vater der König nicht leiden konnte, mußten sterben. Der eine war neun, der andere erst sechs Jahre alt, und zwar ließ er sie,

3. Theil 3 - S. 79

1880 - Stuttgart : Heitz
Bartholomäusnacht. 79 worden ist; aber die Unruhe legte sich bald wieder bei den fortgesetzten Freundschaftsversicherungen der Katholiken. Auf den Admiral hatten diese es besonders abgesehen; denn er war das gefürchtetste Haupt der Hugenotten. «Der König Karl, ein junger, erst 22jähriger Fürst, aber ein zur Unselbständigkeit erzogener Schwächling, der ränkevollen Leitung seiner Mutter ganz hingegeben, faßte ihn bei seiner schwachen Seite und machte ihm weis, die Truppen, die er jetzt zusammenzöge, wären gegen die Spanier in den Niederlanden bestimmt und Coligny sollte sie anführen. Darüber war der gute alte Mann so erfreut, daß er seit- dem von nichts Anderem als von dem Feldzuge gegen die Spanier träumte. Indessen bereitete man ihm seinen Untergang. Katharina dingte einen Meuchelmörder, der mit geladenem Gewehre in einem Hause, bei welchem der Admiral täglich vorbeiging, wenn er vom Louvre kam, hinter eine Fenstergardine sich stellte und ihm auflauerte. Coligny kam, der Schuß fiel, die Kugel durchbohrte ihm den linken Arm und zerschmetterte den Zeigefinger der rechten Hand. Doch hatte er noch so viel Besonnenheit, auf das Fenster zu weisen, aus welchem der Schuß gekommen war. Während einige seiner Begleiter ihn nach Hause führten, schlugen andere die Hausthüre ein; aber der- Mörder hatte sich bereits gerettet. Als der König erfuhr, daß der Streich mißlungen fei, warf er — er spielte gerade Federball — wüthend das Schlagnetz auf den Boden und rief: „Werde ich denn nie Ruhe haben?" Schnell faßte er sich wieder und nahm zur unverschämtesten Heuchelei seine Zuflucht. . Dem jungen Conde und Navarra, die zu ihm kamen, um sich über den versuchten Meuchelmord zu beschweren, betheuerte er: niemand könne darüber ausgebrachter sein als er, und er würde den Thäter aufs härteste bestrafen. Dann besuchte er mit seiner Mutter den kranken Admiral selbst, schwur bei Gott, er werde eine schreckliche Rache ausüben, und sagte ihm die schönsten Worte. So verdorben der junge König auch schon war, so hatte er sich doch noch aus einem Ueberreste von menschlichem Gefühle der Ermordung aller Hugenotten widersetzt. Aber Katharina wußte ihn zu behandeln. In dem Staatsrathe, der deswegen gehalten wurde, und dem die wüthendsten Hugenottenfeinde beiwohnten gab sie vor, Coligny habe eine Verschwörung gegen die Katholiken gemacht. Da stand der König heftig auf und schwur, daß er und alle Hugenotten sterben müßten; nicht einer dürste entrinnen.

4. Theil 3 - S. 258

1880 - Stuttgart : Heitz
258 Neue Geschichte. 2. Periode. Spanischer Erbfolgekrieg. beischaffen; aber das, was mir aus den Blicken dieser wackern Krieger entgegenblitzt, läßt sich nicht erkaufen und verbürgt den Sieg." — Mit derselben Feinheit antwortete Marlborough: „Meine Truppen haben sich stets für die gemeinsame Sache beseelt bewiesen; allein Euer Durchlaucht Gegenwart haucht ihnen jenen Feuergeist ein, den Sie mit Wohlgefallen in ihren Augen lesen." Die Folge ihrer Vereinigung war ein glänzender Sieg, den beide (1704) bei Höchstädt in Baiern, nahe am linken Ufer der Donau, über die Franzosen erfochten, wobei der französische Marschall Tallard gefangen wurde. Aber mehr Ehre noch als der Sieg machte beiden die Menschenfreundlichkeit, mit welcher sie die Besiegten behandelten. Sie besuchten den gefangenen Marschall, der gebeugt, niedergeschlagen und verwundet dasaß. Theilnehmend fragte ihn Marlborough: „Was kann ich Ihnen anbieten, um Ihre bedauernswürdige Lage erträglicher zu machen?" Tallard lehnte alle Anerbietungen dankbar ab und äußerte nur Verlangen nach seinem eigenen, bequem eingerichteten Wagen. Sogleich wurde ein Trompeter danach ins feindliche Lager geschickt. Auch die innige Eintracht beider verbündeter Feldherren ist eine seltene Erscheinung; beide waren in gegenseitiger Lobeserhebung unerschöpflich. Mitten im Gedränge der Kriegsbegebenheiten gedachte Marlborough mit inniger Liebe seiner daheimgebliebenen Frau. Am Tage nach der Schlacht schrieb er ihr: „Ich bin noch so erhitzt, nachdem ich gestern 17 Stunden hindurch nicht vom Pferde gekommen, daß ich noch keinem meiner Freunde schreiben kann. Ich bin über das Vollbrachte so entzückt, daß ich meinen Brief nicht endigen kann, ohne in einer Anwandlung von Eitelkeit dir zuzurufen, meine theuerste Seele, daß seit Menschengedenken kein so vollständiger Sieg erfochten worden wie der gestrige, und da ich deine innige Liebe für mich kenne, so bin ich überzeugt, du erfreust dich über das Geschehene eben sehr in Rücksicht meiner, als wegen des Vortheils der dem Allgemeinen zufließt." Wie menschenfreundlich Marlborough gegen seine Feinde dachte, sieht man aus folgendem Briefe an seine Frau. Der Kurfürst von-Baiern hielt es nämlich mit den Franzosen und mußte, nachdem er bei Höchstädt zugleich mit den Franzosen geschlagen worden war, sein Land und seine Familie im Stiche lassen. „Die arme Kurfürstin," schreibt Marlborough, „hatte fünf ihrer Kinder mitgenommen, um ihrem Gemahle nachzureisen; aber er hat sie wieder nach München zurückgeschickt. Diesen Morgen brachte mir ein Trompeter ein

5. Theil 3 - S. 83

1880 - Stuttgart : Heitz
Bartholomäusnacht. 83 der Ermordeten zu weiden, dann vor das Thor, wo die Galgen standen, um den Leichnam des ehrwürdigen Admirals zu sehen, den man erst durch die Straßen geschleppt, dann ins Wasser geworfen, endlich auf Feuer gelegt und zuletzt halbverbrannt mit den Füßen an einen Galgen gehängt hatte. „Der Geruch eines Ketzers ist immer angenehm," sagte der König/ während der Pöbel den Leichnam Eoligny's röstete. — Man zwang gar die Kinder des Ermordeten, hinauszugehen und den gräßlich verunstalteten Leichnam des Vaters anzuschauen! Nur wenige Züge von Edelmuth hat die Geschichte aus diesen Tagen des Grausens aufbewahrt. Hier einer davon! Vezins, ein Edelmann, war der Nachbar Regniers, eines Hugenotten. Sie waren Feinde, und Vezins hatte diesem hundertmal schon den Tod gedroht. Jetzt zitierte Regnier, daß Vezins diese Gelegenheit wahrnehmen und ihn ermorden würde. Plötzlich schlug man seine Hausthür ein. Vezins war es, der in Begleitung zweier bewaffneten Bedienten mit bloßem Degen eintrat und dem zitternden Regnier mit barscher Stimme befahl, sogleich ihm zu folgen. Draußen standen vier Pferde; auch Regnier mußte aufsteigen und wurde, ohne daß Vezins ein Wort sprach, bis auf sein Landgut geführt. Als sie hier allein waren, sprach Vezins: „Siehe, nun bist du in Sicherheit! Ich hätte die Gelegenheit benutzen und mich rächen können, aber tapfere Leute müssen die Gefahr theilen; dazu habe ich dich gerettet. Wenn du willst, so sollst du mich bereit finden, unsern Streit auszufechten, wie es sich für Edelleute geziemt." Regnier erschöpfte sich in Danksagungen und bat ihn um seine Freundschaft. „Ich lasse dir," antwortete Vezins, „ganz die Freiheit, ob du mich lieben oder hassen willst, und ich habe dich eben hierher gebracht, um srei wählen zu können." Und ohne die Antwort abzuwarten, drückte er seinem Pferde die Sporen ein und flog davon. Nicht nur in Paris, sondern im ganzen Königreiche wurde auf des Königs Befehl die Ermordung der armen Hugenotten vollzogen, so viel man ihrer auffinden konnte. Die Leichname ließ man zum Theil unbegraben verfaulen; viele warf man in die Flüsse, so daß lange Zeit hindurch Niemand Flußwasser zu den Speisen gebrauchen und Fische essen wollte. Nur wenige Statthalter hatten Gewissen genug, sich der Ausführung des königlichen Befehls zu widersetzen. Der Commandant von Bayonne wagte es, dem Könige zurückzuschreiben: „Sire, ich habe Ew. Ma-

6. Theil 3 - S. 276

1880 - Stuttgart : Heitz
276 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. m Rußland allgemein, und eine alte tüchtig geschminkte Hofdame gefiel daher den Russen am besten. Nachdem er mit den Damen, die nach damaliger Sitte steif geschnürt waren, getanzt hatte, wandte er sich an Lefort und sagte mit Verwunderung: „Wie teufelsharte Knochen haben doch die deutschen Frauen!" Einst rief er einer ihm auf der Straße begegnenden Dame ein donnerndes „Halt!" zu. Erschrocken bleibt sie stehen. Er greift nach der Uhr, die sie um den Hals hängen hat, öffnet sie, besieht das Werk und ließ die bestürzte Dame nun ihren Weg ruhig fortsetzen. In Berlin ärgerte er sich über die große Allongenperücke, ein Prachtstück für 300 Thaler, die der Hofmarschall trug. Er riß sie ihm vom Kopfe und warf sie in einen Winkel. Nun kam er nach Amsterdam. Auf diese Stadt hatte er sich am meisten gefreut; denn für die Holländer hatte er eine große Vorliebe. Um unerkannt zu bleiben, kam er 14 Tage früher als die Gesandtschaft. Aber man erkannte ihn doch, und der Magistrat bot ihm eine schöne Wohnung an. Er aber wählte ein ganz kleines Haus und legte die Kleidung eines holländischen Schiffszimmermanns an. Er wohnte eines Tages der Sitzung der Generalstaaten bei. Da er aber sah, daß aller Blicke auf ihn gerichtet waren, sprang er auf und rannte stürmisch aus dem Saale. Am meisten lag ihm daran, hier das Schiffbauen zu lernen. Amsterdam gegenüber lag das Dorf Zaaudam, wo 700 Windmühlen stehen und großer Schiffbau getrieben wird. Dahin begab er sich bald. Auf der Ueberfahrt sah er ein Fischerboot. Er erkannte in dem Fischer einen alten Bekannten, den er einst in Rußland gesehen hatte. Treuherzig schüttelte er ihm die Hand. „Höre! ich will bei dir wohnen!" rief er. Der Mann entschuldigte sich; er hätte nur eine Hütte mit einer Stube und Kammer. Das half alles nichts ( der Fischer mußte mit seiner Frau in die Kammer ziehen und Peter nahm die Stube ein. Das Haus steht noch. Nun ging er mit leinenen Beinkleidern und kurzer rother Friesweste ans Arbeiten. Man wußte wohl, wer er eigentlich sei; aber er konnte nicht leiden, wenn man es merken ließ. Man nannte ihn Peter Baas; er ließ sich einschreiben als Peter Michaelow; als solcher kam er alle Morgen, mit dem Beile in der Hand, auf die Schiffswerste, zimmerte wie ein gemeiner Arbeiter, fragte nach allem und versuchte alles. Selbst in der Schmiede arbeitete er mit, und seine Kammerherren mußten die Kohlen zulangen. Wie verwünschten diese den sonderbaren Geschmack ihres Ezars, der sie

7. Theil 3 - S. 278

1880 - Stuttgart : Heitz
278 Neue Geschichte. 2. Periode. Rußland. vom Rumpfe zu trennen." Der König reichte ihm den Säbel mit den Worten: „Tod den Türken und Tataren! Leben und Gnade den Unterthanen!" eine Aeußerung, die seiner Menschlichkeit Ehre macht. Peter fand den Aufruhr schon gedämpft; alle Gefängnisse waren voll. Kaum bezwang sich Peter, seine Schwester Sophia nicht zu mißhandeln; denn sie hatte vermuthlich wieder ihre Hand im Spiele gehabt. Darum wurde sie noch enger eingesperrt; vor dem Kloster, in welchem sie wohnte, wurde eine lange Reihe Galgen aufgerichtet und an diesen gegen 150 Empörer aufgeknüpft; unmittelbar vor dem Fenster der Zelle Sophia's hingen drei der Schuldigsten. Schrecklich war diesmal die Strafe der Uebelthäter; einen ganzen Monat lang floß ihr Blut auf dem Richtplatze bei Moskau. Selbst Peters Gemahlin, Eudoxia Lapuchin, wurde, weil sie den Neuerungen des Czaren abhold war, verstoßen und in ein Kloster geschickt. Um diese Zeit starb sein Freund Lesort. „Nun habe ich keinen treuen Diener mehr!" rief Peter mit Thränen aus. „Auf ihn allein konnte ich mich verlassen." Er küßte den theuern Leichnam und badete ihn mit seinen Thränen. Seine Stelle ersetzte späterhin Menschikow. Die Nachrichten über dessen Herkunft sind verschieden. Es heißt, er sei ein Pastetenbäckerjunge gewesen und habe Pasteten auf den Straßen herumgetragen. Einst kam er so auch in die Küche eines vornehmen Russen, der den Ezar zu Tische geladen hatte. Da bemerkte er, daß der Wirth in ein Lieblingsgericht des Czaren ein Pulver that. Menschikow schöpfte Verdacht, ging auf die Gaffe und wartete, bis der Czar kam. Dieser bemerkte ihn und sagte: „Gieb mir deinen Korb zum Kaufe." — „Den Korb," antwortete der Junge, „darf ich nicht ohne meines Herrn Erlaubniß hingeben. Indeß, da Euch doch alles zugehört, so nehmt ihn immerhin." — Die Antwort gefiel Petent; er befahl ihm, zu folgen und ihn bei Tische zu bedienen. Als nun das verdächtige Gericht kam, rief der Knabe den Czar bei Seite und sagte ihm, was er gesehen habe. Peter verlangte, daß der Wirth zuerst davon essen sollte, und da dieser bestürzt es ablehnte, setzte er einem Hunde davon vor, der bald darauf starb. Seit dieser Zeit genoß Menschikow das Vertrauen des Czaren und half ihm auch treulich bei der Ausführung seiner Verbesserungsplane. Das Ausland hatte dem Czaren so gefallen, daß er nichts sehnlicher wünschte, als seine Russen danach zu bilden. Mit dem

8. Theil 3 - S. 119

1880 - Stuttgart : Heitz
Maria Stuarts Tod. 119 sie an ihren Beichtvater, der in demselben Schlosse wohnte, aber nicht zu ihr gelassen wurde, und bat ihn, nachdem sie ihm ihre Sündhaftigkeit gebeichtet hatte, um Absolution. Er möchte doch — fuhr sie fort — diese Nacht für sie wachen und beten und ihr die passendsten Gebete anzeigen. Dann schrieb sie eigenhändig und ohne anzuhalten ihr Testament, in welchem sie keinen ihrer Bedienten vergaß. Auch an den König von Frankreich, Heinrich Iii., schrieb sie einen Brief, in welchem sie ihm ihre Diener zur Versorgung empfahl, ihm Gesundheit und ein langes Leben wünschte und um Gründung einer jährlichen Seelenmesse bat. Sie unterzeichnete diesen Brief um 2 Uhr nach Mitternacht. Hierauf theilte sie die wenigen ihr noch übriggelassenen Kostbarkeiten unter ihre Diener aus, und gab ihnen zugleich den Brief an den König von Frankreich, sowie einen an den Herzog von Gnise mit. Nun legte sie sich zur Ruhe und schlief vier Stunden lang recht sanft. Dann stand sie auf und brachte die wenigen Stunden bis zu ihrem Tode mit Gebet zu; sie genoß auch eine Hostie, welche der Papst geweiht und einst ihr zugeschickt, die sie aber bis zu diesem Augenblicke aufbewahrt hatte. Als die achte Stunde nahte, zog sie, ohne sich bedienen zu lassen, ein Kleid von Sammet und Seide, wie zu einem Festtage, an. Die übrigen Kleider hatte sie Abends vorher vertheilt. „Gern," sprach sie, „hätte ich euch auch dies Kleid, das reichste von allen, gelassen, aber Maria Stuart muß auf ihrem Gange anständig erscheinen." Darauf bedeckte sie sich mit einem weißen Schleier, der bis auf die Füße herabwallte. Um 8 Uhr Morgens (8. oder 18. Februar 1587) trat der Sheriff der Grafschaft in ihr Zimmer und zeigte ihr an, daß die Stunde da sei. „Ich bin bereit," antwortete Maria. Noch einmal sagte sie ihren Dienern Lebewohl und ging, gestützt aus zwei Bediente ihres Hauses, mit bescheidenem, aber majestätischem Anstande durch die an ihr Zimmer stoßende Halle. Hier fand sie die beiden Grafen, ihren Hüter und andere Staatspersonen. Auch ihr Haushofmeister Melvil stand hier. Er warf sich ihr zu Füßen, rang die Hände und rief, von unnennbarem Schmerze ergriffen: „O wie unglücklich bin ich! Wer war je vor mir Ueberbringer so betrübter Botschaft, wie ich jetzt überbringen muß, wenn ich in mein Vaterland zurückkehren und erzählen werde, daß ich meine gnädige Königin und Gebieterin in England enthaupten sah?" Die Thränen erstickten seine fernere Rede. „Höre auf, getreuer Diener," antwortete Maria tief gerührt, „höre auf zu weinen.

9. Theil 3 - S. 292

1880 - Stuttgart : Heitz
292 Neue Geschichte. 2. Periode. Schweden und Rußland. in deine Hände." — Aber Mehemet blieb dabei: „Der Friede ist geschlossen und er mnß bestehen." — Wüthend vor Zorn verließ Karl ohne Abschied das Zelt des Veziers und verklagte ihn beim Snltan. Dieser setzte ihn ab und verwies ihn; im folgenden Jahre schon starb er. Was hatte er nun von seiner Treulosigkeit? Der Friede mit Rußland wurde nicht umgestoßen. Keiner hatte sich mehr über Karls Niederlage bei Pultawa gefreut als — August Ii. Auf die erste Nachricht davon erklärte er den mit Karl in Altranstädt geschlossenen Frieden für erzwungen, kehrte nach Polen zurück, verband sich wieder mit dem Czaren und verjagte bald seinen Gegner Stanislaus Lesczinsky vom polnischen Throne. Auch Friedrich Iv. von Dänemark erklärte den Schweden wieder den Krieg. Alle drei fielen nun über die schwedischen Provinzen her, und wären die braven Schweden nicht so tapfer gewesen, so hätte Kart jetzt sein ganzes Land verloren. Karl saß indessen ruhig in seinem Lager bei Bender und entwars Riesenpläne, von denen kein einziger ausgeführt wurde. Vergebens ließ der Reichsrath ihn bitten, zurückzukommen. Karl antwortete: „Wenn der Reichsrath eines Präsidenten bedarf, so werde ich ihm einen meiner Stiefeln schicken." Seine Lage wurde von Tag zu Tage schwieriger. Zu seinen drei Feinden gesellten sich noch drei: Preußen, England und Holland. Alle seine Mühe, den Sultan zu einem neuen Kriege gegen Rußland zu bewegen, war vergeblich. Dagegen widerstand Achmet allen Aufforderungen des Czars, ihn auszuliefern. Endlich bot Peter Ms Millionen für den König. Aber Achmet antwortete: Peter fei durch nichts in der Welt im Stande, ihn zu einem so großen Verbrechen gegen die Gastfreundschaft zu bewegen; ein türkischer Kaiser habe eine noblere Seele. Zuletzt aber ließ Achmet Kartn geradezu merken, sein langer Aufenthalt sei ihm lästig, er möge doch endlich an die Abreise denken. Aber Karl war so erbittert auf ihn, daß er alle, ihm erwiesene Gastfreundschaft vergaß und gerade ihm zum Aerger bleiben wollte. Endlich drohte man ihm mit Gewalt, und da Karl immer hartnäckiger wurde und sich mit feiner Handvoll Schweden — es waren jetzt 196 Mann — in Vertheidigungsstand setzte, so besaht der Sultan dem Juffuf Pascha, sich Karls todt oder lebendig zu bemächtigen. Mit Thränen in den Augen zog der Pascha die Janitfcharen zusammen. Die Kanonen donnerten; seine Verschanzungen wurden erstiegen. Da beschloß Karl, sich in seinem hölzernen Hause bis auss äußerste zu vertheidigen. Er hieb sich durch 40 Janitfcharen,

10. Theil 3 - S. 198

1880 - Stuttgart : Heitz
198 Neue Geschichte. 2. Periode. Dreißigjähriger Krieg. für meinen Vortheil, sondern für den der Protestanten. Will mich niemand unterstützen, so kehre ich auf der Stelle um. Ich mache mich frei von dem allen, was daraus entstehen kann; ich biete dem Kaiser einen Vergleich an und gehe nach Stockholm zurück. Ich weiß, der Kaiser wird sehr gern einen solchen Vergleich schließen, wie ich ihn will. Aber ihr Protestanten habt es einst vor Gott zu verantworten, daß ihr für das Evangelium nichts habt thun wollen. Ist Magdeburg verloren und bin ich nach Schweden zurückgegangen, so mögt ihr zusehen, wie ihr fertig werdet." — Das half. Der Kurfürst räumte ihm Spandau ein, und nun wollte Gustav rasch bei Wittenberg über die Elbe gehen und Magdeburg zu Hülfe kommen. Aber Wittenberg gehörte damals dem Kurfürsten von Sachsen, Johann Georg, einem kleinlich denkenden, dem Biertrunk ergebenen Manne, und dieser schlug ihm den Durchmarsch rund ab; denn seine Bierfässer waren ihm, wie man laut sagte, lieber als das Wohl seiner Glaubensgenossen. Kaum konnte'^Gustav seinen Unwillen zurückhalten. „Mögen denn diese Menschen zu Grunde gehen, weil sie es so haben wollen! Ich aber werde nach -Pommern zurückgehen und da warten, bis sie am'abgrunde stehen und mich zur Hülfe rufen müssen. Lieber Himmel! wie kann man doch das Haus seines Nachbars brennen sehen und nicht eilen, das Feuer zu löschen? Das ist mir unbegreiflich! Soll also diese unglückliche Stadt zu Grunde gehen und mit ihr vielleicht der geringe Hebertest von deutscher Freiheit!" Während noch die Couriere hin- und hergingen und Gustav ängstlich auf die Bewilligung des Durchmarsches harrte, kam die entsetzliche Nachricht, daß Magdeburg erobert sei. • 7. Die Zerstörung Magdeburgs, 163*1. Magdeburg hatte sich den kaiserlichen Befehlen widersetzt und keine Soldaten einnehmen wollen; Ursache genug, es in die Acht zu thun. Tilly wurde beauftragt, es zu belagern und zu züchtigen. Schon seit dem December 1630 war die Stadt eingeschlossen worden und wurde von den Kaiserlichen lebhaft beschossen. Mehrmals schon hatte Tilly sie aufgefordert, sich zu ergeben; aber tätlich hofften die Einwohner auf die versprochene Ankunft Gustavs und beschlossen, sich aufs äußerste zu wehren. Jetzt war es schon Mai 1631. Noch einmal schickte Tilly einen Trompeter in die Stadt und warnte sie; aber Falkenberg hielt diesen drei Tage lang in der Stadt zurück, um Zeit zu gewinnen. Indessen machte Tilly alle Anstalten, die Mauern mit Sturm zu nehmen, ehe Gustav heran-
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